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Erich Reusch

Les Préludes

25.4. – 30.6.1999
Als Beispiel hierfür mag die vierteilige Bodenarbeit des Jahres 1965 dienen, die als erste bodenbündige Skulptur der Nachkriegszeit anzusehen ist. Wie das Modell zeigt, sollte sie, als Konstellation irregulär geschnittener Stahlflächen angelegt, sowohl auf die Singularität ihrer Einzelformen als auch auf die – negativ bestimmten – Zwischenräume verweisen. Denn diese sind Teil einer Arbeit, die die formale Qualität aus dem Verhältnis, speziell der Nähe und Distanz der scherenschnittartig flachen Formen bezieht.

Diesem Konzept folgend, entfalten sich Reuschs Werke seit den sechziger Jahren zu mehrteiligen, komplexen Formen- und Kräftekonstellationen, die er äußerst kalkuliert über den Raum verteilt. Dadurch entstehen energetische Wechselbeziehungen, von Reusch „Gravitationen“ genannt, die sowohl spannungsvoll-verdichtet als auch weitläufig-gelockert erscheinen können, in jedem Fall aber eine Raumerfahrung ermöglichen. So bewegt sich der Besucher speziell seiner Außenraumskulpturen in einer offen und präzise angelegten Struktur, in der er selber seine Position bestimmen muss.

Nur selten gibt Reusch daher Blickpunkte vor, wie etwa in seiner Skulptur für das Gelände des Bundesverwaltungszentrums in München, die als monumentaler, das Auge lenkender Rahmen auf die Achse eines Verbindungsweges ausgerichtet ist. Ansonsten vermeidet er, grundsätzlich gesprochen, eine autokratische Perspektive auf die Dinge, da es ihm weniger darum geht, diese zu bestimmen als sie in ihren formalen und inhaltlichen Dimensionen zu befragen.

Diese reaktive Sensibilität prägt nun sicher auch seine Arbeit in der Synagoge Stommeln; ein Werk, das sich in jeder Hinsicht bemüht, dem Ort und seiner Geschichte gerecht zu werden, seine Bedeutung dem Vergessen zu entreißen. So ist Skulptur also auch hier in hohem Maße Medium, Instrument einer Erkundung, Reflexion und Reflex vorgegebener Strukturen.

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Diashow (3 Bilder)

Synagoge Stommeln, Erich Reusch, Les Préludes, Foto Reusch

Erich Reusch, Les Préludes