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Mischa Kuball

refraction house

27.2. – 29.4.1994
scheinen, die tagtäglichen Gewalttaten gegen Minderheiten im Gefolge der barbarischen Ereignisse von Mölln, Rostock und Solingen mit der Erinnerung an die historische Schuld der Deutschen, wie sie sich in der Synagoge manifestiert.

Es entbehrt dabei nicht abgründiger Schärfe, dass sich der Künstler bei seiner Installation eines Mittels bedient, das in Form Speerscher Lichtdome während des Dritten Reiches zum Synonym für die Ästhetisierung von Gewalt wurde. Aber es versteht sich von selbst und bedarf keines weiteren Kommentars, dass Kuball völlig anders vorgeht und absolut konträre Absichten verfolgt. Weder senkrecht gebündelt noch parallel in den Himmel ausgerichtet, kann das Licht hier nicht als Verherrlichung von Macht missverstanden werden. Ganz im Gegenteil: Durch mehr oder minder horizontale Ausrichtung, durch Brechung und Beugung fungiert es als Mittel der Aufklärung und geistigen Durchdringung.

Kuball realisiert seine Arbeit nur für einige Wochen. In ihrer Flüchtigkeit beziehungsweise in der Tatsache, dass von refraction house eben kein materielles Substrat in Holz, Stein oder Stahl übrig bleibt, das womöglich noch woanders hingelangt und zum Handelsobjekt mutiert, liegen vielleicht konträr zum Augenschein Chancen, dass die Installation als ortsspezifisches Kunstwerk in zukünftiger Vergangenheit überdauert, wenngleich materiell nur als fotografisches Dokument. Widerstand gegen visuelle Entropie und Arbeit an der Geschichte kristallisieren sich für Kuball nicht in stabilen Formen traditioneller Gattungen, zumal hier nicht, wo es um einen Dialog mit einem bereits bestehenden Denk- und Mahnmal geht. Nicht inhaltliche Verdoppelung, emotionale Intensivierung oder ästhetische Kommentierung jener Momente von Trauer und Reue, Mahnung und Gedenken, die der Synagoge eingeschrieben sind, hat der Künstler intendiert, sondern Ausweitung einer Botschaft aus Verzweiflung und Hoffnung bei gleichzeitiger Versachlichung und intellektueller Aneignung; statt der Wendung nach innen, wie sie auf jeweils unterschiedliche Weise Kounellis, Serra und Baselitz vollzogen, indem sie museale Präsentationsformen

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Diashow (7 Bilder)

Mischa Kuball, refraction house, Foto Hubertus Birkner

Mischa Kuball, refraction house