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Sol LeWitt

Lost Voices

13.3. – 29.5.2005
Im Falle der Synagoge zu Stommeln gibt es gleich mehrere konzeptuelle Entscheidungen, etwas nicht zu zeigen oder unbegehbar zu machen. Das betrifft  zwei Drittel des Raumes, die beiden Lautsprecher und die Empore. Grundlage dafür ist aber nicht allein eine fundierte ästhetische Überzeugung, sondern Sol LeWitts Bewusstsein einer Uneinholbarkeit von Vergangenheit durch eingeübte Formen von Repräsentanz, sein konzeptuelles Einräumen einer prinzipiellen Nicht-Darstellbarkeit, aber auch eine schmerzhaft empfundene Fehlstelle, für die er ein ästhetisches Äquivalent gesucht und gefunden hat. Wie könnte es anders sein: Es geht auch im Falle von „Lost Voices“ in der Synagoge von Stommeln um Erfahrungsbereiche ohne Evidenz, um etwas, das sich einer unmittelbaren sinnlichen Anschauung verweigert oder entzieht und für das es dennoch – oder gerade deshalb - lohnt, sich zu sensibilisieren. Sol LeWitt räumt diesem „Anderen“, außerhalb der Wahrnehmung Liegenden, an sich nicht Darstellbaren einen Ort ein. Eine solche offen demonstrierte Haltung kommt dem jüdischen Bilderverbot durchaus entgegen – nicht allein aus religiösen, sondern vor allem auch aus ästhetisch-konzeptuellen Gründen – geht sie doch, wie Theodor W. Adorno es für die Moderne formuliert hat, von der „Unmöglichkeit des Bildes“ aus und hält den Bereichen, die sich der unmittelbaren Anschauung, aber auch dem verstandesmäßigen Erfassen entziehen, einen gedanklichen Raum offen. Auch Sol LeWitt geht davon aus, dass sich Wirklichkeit durch ihre Bebilderung und Beschreibung nicht einholen, geschweige denn für immer in einer griffigen Formel bannen lässt. Man könnte diese Erkenntnis und die damit verbundene Skepsis Bildern gegenüber auch mit Jochen Gerz ausdrücken: Dass nämlich die wahren Bilder diejenigen seien, die keine Bilder sind. (Weil sie allein in unserem Innern, in unseren Erinnerungen, Vorstellungen, Sehnsüchten und Ängsten ihren eigentlichen angestammten und nachhaltigen Ort haben).

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Diashow (3 Bilder)

Synagoge Stommeln, Sol LeWitt, Installationsansicht, Foto Werner J. Hannappel

Sol LeWitt, Lost Voices