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Eduardo Chillida

En el li­mite

26.3. – 18.6.1995

In den Naturwissenschaften ist mittlerweile Allgemeinplatz, dass unsere Welt nicht aus abgeschlossenen Körpern und leeren Zwischenräumen besteht. Luft und Weltraum sind mit Materie, Licht und Energie gefüllt, und umgekehrt besteht das stofflich Konsistente aus Leere und Energie. Unsere Sinne benötigen aber die Unterscheidung von Körpern und Raum, eine Unterscheidung von Innen und Außen, Figur und Grund, Zustand und Geschehen, Dauer und Stillstand. Chillidas Fragestellungen sind auch in der Stommelner Skulptur zunächst essenziell skulpturale. Es geht darum, diese Grenzen zu ertasten und erfahrbar zu machen und dabei den Raum spezifisch zu bündeln.

Zum Material des Bildhauers gehören nicht nur Eisen, Holz oder Stein, sondern ebenso Raum und Leere, wie der Künstler in seinem gesamten Werk deutlich gemacht hat. Für Chillida ist Raum nicht Umraum, der die Dinge umgibt, sondern der Raum, den die Dinge schaffen, der in ihnen lebt und der wirksam und handelnd ist. Raum muss sich in einer Form ausdrücken können, er muss eine Art geistige Dimension besitzen. Die Skulptur hat für den Künstler die Funktion, dessen geistige Dimension erfahrbar beziehungsweise spürbar werden zu lassen.

Für dieses Anliegen hat Chillida eine höchst präzise und diffizile abstrakte Formensprache entwickelt. Die drei Elemente auf der Stahlplatte von En el límite zeigen exemplarisch an, dass plastisches Volumen ohne die Leere des Raumes nicht möglich ist, weil die Schwingung einer Form über ihre Ränder hinausgeht, und so im Spiel mit der Leere des Raumes die Form erst heraustritt. Die Leere wird dabei zur »sichtbaren Resonanz«. Welches räumliche Geschehen deuten die Formen an? Im Geiste können sie beispielsweise zusammengesetzt werden. Entspringen sie einer Einheit, sind sie auseinander gebrochen? Oder sind sie nicht vielmehr komprimierte Einheiten eines räumlichen Geschehens, das weit über die Grenzen der Sockelflächen hinausdrängt und mit dem Umraum der Synagoge in Kontakt tritt?

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Diashow (3 Bilder)

Eduardo Chillida, En el límite, Ausstellungsansicht, Foto Werner J. Hannappel

Eduardo Chillida, En el límite